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2018

Arbeitsrecht

Verfall von Urlaubsansprüchen / Vererbbarkeit von Resturlaub

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit zwei Urteilen vom 06.11.2018 das deutsche Urlaubsrecht – wieder einmal – ins Wanken gebracht.
Diese Entscheidungen betreffen zu einen die Frage, ob bestehender Resturlaub zum Ende des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraumes verfällt, wenn dieser vom Arbeitnehmer nicht im Urlaubsjahr beantragt wurde –so die bisherige Rechtslage- und zum anderen die Frage ob Resturlaubsansprüche der Arbeitnehmer, bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche nach deren Tod auf die Erben übergehen.

Der ersten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Arbeitnehmer, der sein Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet hatte, verfügte noch über eine nicht unerhebliche Zahl an Urlaubstagen.
Etwa zwei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bat der Arbeitgeber den Mitarbeiter, den noch bestehenden Resturlaub zu nehmen, ohne ihn jedoch zu verpflichten, den Urlaub zu einem festgelegten Termin einzubringen. Der Mitarbeiter nahm lediglich zwei Urlaubstage in Anspruch und forderte den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf, den nicht genommenen Urlaub zu vergüten. Der Arbeitgeber hat dann entsprechend der derzeitigen Rechtslage des Bundesarbeitsgerichts den Antrag auf Urlaubsabgeltung abgelehnt, mit der Begründung, dass der Urlaub seitens des Mitarbeiters – trotz Möglichkeit der Einbringung des Resturlaubes – nicht beim Arbeitgeber beantragt wurde und der Urlaub somit nach den gesetzlichen Bestimmung des § 7 Bundesurlaubsgesetz verfallen sei.
Das deutsche Urlaubsrecht sieht in § 7 vorsieht, dass der Urlaub in Natur im Laufe des Urlaubsjahres, sprich bis zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres bzw. entsprechend arbeitsvertraglicher oder tarifliche Regelung bis maximal 31.03. des Folgejahres genommen werden muss und andernfalls verfällt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfiel dieser Urlaub nur dann nicht, wenn der Mitarbeiter im Bezugszeitraum durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war oder betriebliche Gründe der Urlaubsgewährung entgegenstanden oder der Urlaub vom Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber auch für den Bezugszeitraum konkret beantragt wurde.

Mit seinen Urteilen vom 06.11.2018 hat der EuGH nunmehr entschieden, dass das Unionsrecht es nicht zulässt, dass ein Arbeitnehmer die ihm zustehenden Urlaubstage bzw. bei Beendigung dem ihm zustehenden Anspruch auf finanzielle Urlaubsabgeltung für den nicht genommenen Urlaub automatisch schon alleine deshalb verliert, weil er seinen Urlaub nicht rechtzeitig im Bezugszeitraum (Urlaubsjahr) bzw. vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber beantragt hat. Zur Begründung führt der EuGH in seinen Entscheidungen aus, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsverhältnisses anzusehen sei. Er könne daher davor abgeschreckt werden, seine Rechte auf Urlaubsgewährung gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da sich die Einforderung dieser Rechte negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken könnte.

In Anbetracht des zwingenden Charakters des Rechtes des Mitarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub ist der Arbeitgeber daher nach Ansicht des EuGH verpflichtet, konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordert, dies zu tun.
Nur so kann sichergestellt werden, dass der Urlaub dem Arbeitnehmer noch die Erholung und Entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll.
Weiterhin muss der Arbeitgeber nach dieser aktuellen Rechtsprechung des EuGH den Mitarbeiter gleichzeitig klar und rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraumes oder des zulässigen Übertragungszeitraums bzw. am Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen wird.

Diese neue Rechtsprechung des EuGH führt in ihrer Konsequenz zur Umkehrung der bisherigen deutschen Gesetzes und Rechtsprechungslage im Hinblick auf die Gewährung des Urlaubs bzw. dessen Verfall!
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit war es bisher so, dass es dem Arbeitgeber untersagt war, den Urlaub gegenüber dem Mitarbeiter einseitig festzulegen. In § 7 Abs. 1 BurlG ist geregelt, dass der Arbeitnehmer in seiner Entscheidung frei ist, wann er seinen Urlaub nehmen möchte. Bei diesem Grundsatz wird es zwar auch nach der neuen Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich verbleiben, allerdings mit der Einschränkung, dass für den Fall, dass gegen Ende des Urlaubsjahres noch Urlaubsansprüche des betroffenen Mitarbeiters bestehen – welche noch nicht verplant wurden – der Arbeitgeber gezwungen ist, den Arbeitnehmer auf seine noch offenen Urlaubsansprüche der Höhe nach hinzuweisen und ihn gegebenenfalls aufzufordern, den Urlaub in einem konkreten Zeitraum vor Ablauf des Bezugszeitraumes, sprich vor Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungsjahres, bzw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dessen Ende zu nehmen.
Weiterhin muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter darauf hinweisen, dass für den Fall, dass er seinen Urlaub nicht rechtzeitig nimmt, dieser am Ende des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraums oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen wird.

Mit seinem zweiten Urteil vom 06.11.2018 hat der EuGH entschieden, dass der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters vererbbar ist. In seiner Konsequenz bedeutet dies, dass für den Fall, dass ein Arbeitnehmer verstirbt, die Erben ein Anrecht auf Ausgleichszahlung für dessen Resturlaub haben.

Kapitalmarktrecht

P & R Container-Insolvenz: Was können betroffene Anleger jetzt tun?

Die Firmen der P & R-Gruppe hatten am sog. „grauen Kapitalmarkt“ an ihre Kunden Direktinvestments in Container verkauft. Anleger kauften Container von den Unternehmen der P& R-Gruppen, anschließend wurden die Container unter deren Verwaltung vermietet und der Anleger erhielt die entsprechenden Mietzahlungen. Dafür verpflichtete P&R sich, am Ende der Vertragslaufzeit die Container zum Zeitwert zurückzukaufen. Die Laufzeit der Geldanlagen betrug in der Regel zwischen drei und fünf Jahren.

Allerdings wurde für fünf Unternehmen der P&R-Gruppe ein Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzgericht hat die Durchführung vorläufiger Insolvenzverfahren angeordnet, bei denen erschreckende Tatsachen ans Licht kamen: Abgesehen von Nachweisproblemen, welche Container nun konkret von welchem Käufer erworben wurden, hat sich gezeigt, dass deutlich weniger Container im Bestand der vier Gesellschaften vorhanden sind, als an die Anleger verkauft worden sind. Dies wird voraussichtlich erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Anleger nach sich ziehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen die Verantwortlichen der Gesellschaften. Es besteht der Verdacht, dass hier Schneeballsysteme vorliegen könnten.

Wenn ausreichend Vermögen vorhanden ist, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu decken, wird dieses eröffnet. Erst dann können Forderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Hierzu werden die Anleger Anschreiben des Insolvenzverwalters erhalten, in denen sie zur Forderungsanmeldung aufgefordert werden.
Neben der Anmeldung der Ansprüche im Insolvenzverfahren besteht für viele P&R-Kunden die Möglichkeit, außergerichtlich oder gerichtlich Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung beim Abschluss der Anlage geltend zu machen.

In der Kanzlei Dr. Waldhorn & Partner steht Ihnen hierfür Frau RAin Sandra Schmitt, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, zur Verfügung.